2011_Ecce Cor Meum_McCartney

Unser Konzert

20. November 2011

Paul McCartney: Ecce Cor Meum


Konzert in St. Kilian, Is-Letmathe,  am 20. November 2011



Bericht des Iserlohner Kreisanzeiger und Zeitung vom 21.11.2011 über unser Konzert:
21.11.2011
IKZ

Letmathe
von Ralf Tiemann

An Schönheit kaum zu übertreffen
 
Minutenlanger Beifall im Stehen für den Letmather Oratorienchor nach
Paul McCartneys Oratorium "Ecce Cor Meum"


Tosender Applaus und minutenlange Begeisterungsstürme wurden am Sonntagabend dem Oratorienchor Letmathe zu Teil, der mit Paul McCartneys Oratorium „Ecce Cor Meum“ einmal mehr ein sehr außergewöhnliches



Der Letmather Oratorienchor mit dem Knabenchor der Chorakademie Dortmund. 

Foto: Wronski


Werk auf das Programm gesetzt hatte.Schon im Vorfeld war das Interesse an diesem Werk riesengroß, erstmals musste der Chor schon Wochen vor dem Termin einen restlos ausverkauften Kilians-Dom vermelden. Und das große Publikumsinteresse wurde nicht enttäuscht: Unter der Leitung von Paul Breidenstein und zusammen mit dem Knabenchor der Chorakademie Dortmund und der Philharmonie Südwestfalen sowie der Sopranistin Susanna Risch und Tobias Aehlig an der Orgel boten die 82 Sängerinnen und Sänger ein Oratorium, das man in dieser Form zuvor noch nicht gehört hatte.
Das lag natürlich am Komponisten, denn Paul McCartney als Autodidakt aus der Popmusik geht ein solches Werk natürlich ganz anders an, als andere, klassisch ausgebildete Komponisten. McCartney macht natürlich auch in einem solchen Großwerk in klassischer Besetzung das, was er kann und worin er unschlagbar ist. Und was offensichtlich inzwischen auch den Hörgewohnheiten des Publikum sehr entgegen kommt. Er verarbeitet und entwickelt keine Themen, sondern er arbeitet wie in seinen Songs mit Melodien, die an Schönheit kaum zu übertreffen sind und die einen hohen Wiedererkennungswert haben. Und er denkt auch in der Orchestrierung als Musiker, der keine Noten am Schreibtisch schreibt, sondern sein Leben lang in Tonstudios verbracht hat, in Klängen, in Sounds – natürlich mit einem sicheren Gespür für starke Wirkungen. Ein Knabenchor, der sich mit Brillanz und Strahlkraft an den zentralen Stellen über das Geschehen legt und alles in den Schatten stellt, eine Orgel, die in den dramatischen Passagen im vollen Werk wuchtig und wild dazwischenfährt, dann wieder ein zartes Streichquartett als Begleitung und immer wieder helle Trompeten oder Sopran-Vokalisen, die sich aus dem Gesamtklang herauslösen.
Darüber hinaus hat McCartney überhaupt keine Scheu, Dinge zu tun, die unter „richtigen“ Komponisten ein wenig verpönt sind. Schöne Stellen fährt er gnadenlos aus und wiederholt sie wie in den Refrain eines Popsongs einfach mehrmals – warum auch nicht? Und ab und zu legt er wie im Outro von „Hey Jude“ einfach eine Endlosschleife im Chor mit einem immer wiederkehrenden Gesangs-Riff, über das die Sopranistin dann soliert. Vieles an dem Werk ist für den klassischen Rahmen ungewöhnlich und wirkt im Vergleich zu zeitgenössischen Komponisten vielleicht sogar ein wenig naiv. Die Wirkung war aber über weite Strecken umwerfend und vieles war auch sehr überzeugend und mehr als einfach nur schön.
Wirklich naiv ist hingegen der Text, in dem das Wort „Gott“ kein einziges mal vorkommt, indem aber stattdessen ein irgendwie indifferenter, kindlicher Glaube an das Gute zum Ausdruck kommt. Die schönen Dinge – Musik, Liebe, Natur – führt McCartney hier als Ausdruck der Zuversicht und Antwort auf Zweifel an. Und in diesen Dingen werde auch sein Herz sichtbar: Ecce Cor Meum (Siehe mein Herz).
Aber das tat letztlich nichts zur Sache. „Was immer ich auch tue, man kann mich darin erkennen, ob es mir gefällt oder nicht. Es ist ein sehr mystischer Prozess.“, schreibt Paul McCartney in einem Begleittext zum Oratorium. Und damit hat er wohl recht. Er ist nach wie vor der erfolgreichste Pop-Musiker aller Zeiten. Er hat nicht nur zig Top-Hits geschrieben, die wirklich jeder mitpfeifen kann. Er hat mit den Beatles auch Alben aufgenommen, die die Rockmusik als Kunstform etabliert haben und die als Gipfelpunkte des Pop wahrscheinlich nie mehr erreicht werden. Und all das wird irgendwie auch in diesem Oratorium erkennbar, in dem er als Komponist neue Wege geht, der Popmusik unzweifelhaft treu bleibt. Der Oratorienchor hat seinem Publikum mit dieser Aufführung jedenfalls erneut etwas ganz Besonderes und sehr Mutiges geboten und zusammen mit den anderen Ausführenden eine großartige Leistung geboten, die die Begeisterungsstürme am Ende voll verdient hatte. Da das komplette Programm zusammen mit dem „Te Deum“ von Verdi sowie einem Sanctus vom Knabenchor allein verhältnismäßig kurz war, wurde der große Jubel sogar mit einer Zugabe belohnt.
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